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Mo., 11.09.2017

Team Hilbert/Haggeney hat wieder festen Boden unter den Füßen – 44 Stunden losgelöst von der Erde

Losgelöst von der Erde: Himke Hilbert (1. Pilotin) und Dominik Haggeney (2. Pilot) im Gasballon. Das Foto entstand per Handy am Selfi-Stick beim morgendlichen Kaffee.

Losgelöst von der Erde: Himke Hilbert (1. Pilotin) und Dominik Haggeney (2. Pilot) im Gasballon. Das Foto entstand per Handy am Selfi-Stick beim morgendlichen Kaffee. Foto: Dominik Haggeney

Warendorf – Es ist das älteste und härteste Gasballonrennen der Welt: der Gordon-Bennett-Cup. Unter den 21 Teilnehmern aus 13 Ländern war auch ein Team aus Warendorf: Himke Hilbert und Dominik Haggeney haben seit Sonntag 16 Uhr wieder festen Boden unter den Füßen. 44 Stunden und 25 Minuten waren sie losgelöst von der Erde, teilweise über den Wolken in 5000 Metern Höhe.

Von Joachim Edler

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Himke Hilbert und Dominik Haggeney haben seit Sonntag 16 Uhr wieder festen Boden unter den Füßen. 44 Stunden und 25 Minuten waren sie losgelöst von der Erde, teilweise über den Wolken in 5000 Metern Höhe.

Gerade mal zwei Quadratmeter misst der Korb ihres Gasballons. Da ist nicht viel Platz für Behaglichkeit. Zusätzlicher Ballast erschwert zudem die Fahrt. Mit an Bord nur das Notwendigste: ein Camping-Gaskocher, um sich eine Fertigsuppe oder einen Kaffee zu kochen, Schokolade, Traubenzucker, Knäckebrot und Kaugummi, zwei Liter Wasser zum Kochen, ein paar Flaschen Mineralwasser und Sauerstoff. Selbstverständlich auch Kartenmaterial, Handy und ein i-Pad.

Das Gasballon-Team GER-1 (#h2ballooning) aus Warendorf startete am Freitag beim Gordon-Bennett-Cup im schweizer Kanton Freiburg, genauer gesagt im Städtchen Gruyère der Ost-Schweiz. Gelandet sind Himke Hilbert und Domikik Haggeney zwei Tage später, am Sonntag, im polnischen Olsztyn (deutsch Allenstein). Das Team legte 1250 Kilometer zurück und landete unter den 21 Teilnehmern aus 13 Länder auf dem sechsten Platz. „Schon die letzten vier Jahre haben wir an dem ältesten und härtesten Gasballonrennen der Welt teilgenommen und landeten immer im Mittelfeld – diesmal haben wir aber das Gefühl, ganz oben mitspielen zu können“, ist Dominik Haggeney, zurzeit noch in Polen, stolz auf den sechsten Platz. Das zweite deutsche Team landete auf Platz fünf, das dritte auf dem 18. Platz.

Die Ballonfahrt sei reibungslos verlaufen, der Start unter dem Klang der Nationalhymne ein unvergesslicher Moment gewesen, erzählt Domink Haggeney am Telefon im WN-Gespräch. 30 Kilometer vor Kaliningrad mussten er und seine 1. Pilotin, Himke Hilbert, allerdings notgedrungen landen, um nicht in das Luftfahrt-Sperrgebiet zu geraten.

„Wir waren nie von der Außenwelt abgeschlossen, hielten ständig Kontakt mit den Flughäfen, waren ständig über die Wetterverhältnisse informiert und auf den Radarschirmen der Flugsicherungsstellen sichtbar. Telefon oder Internet funktionieren da oben nicht. Der Funkkontakt war aber über Satellit sichergestellt.“ Unterstützung erhielt das Warendorfer Team vom Boden aus, und zwar von Freund und Ballonfahrer Tomas Hora sowie einem Fluglotsen aus Bremen. „Karten und i-Pad lagen auf einem Tisch, der gerade mal so groß war wie ein Din-A-4-Blatt. Beide Freunde haben uns am Rechner begleitet, neue Wetterläufe und Vorhersagen mitgeteilt – oft kamen die Nachrichten per Whatsapp. Diese Taktik hat uns sehr geholfen. Ohne die beiden wären wir nie soweit gekommen.“ Die längste Nonstop- Gasballonfahrt vom Team Hilbert & Haggeney betrug 60 Stunden und 20 Minuten, die weitesten Fahrten führten über 1500 Kilometer.

Ziel des Gordon-Bennett-Cup ist es, mit dem Gasballon eine möglichst lange Strecke hinter sich zu legen. „Teilweise hatten wir Funkkontakt mit Kapitänen von Passagiermaschinen. In 5000 Metern Höhe flog eine Air-Berlin-Maschine an uns vorbei. In dieser Höhe haben wir dann den Sauerstoff gebraucht.“ Eine Frage, die das Team immer wieder gestellt bekommt: „Ist das nachts nicht kalt da oben?“ Haggeney lacht: „Wir haben sehr gute Overalls, die uns gegen die Kälte schützen. Die ganze Zeit war es um Null Grad im Korb. Bewegen können wir uns kaum, mal stehen wir, mal sitzen oder liegen wir wieder.“

Nein, Angst habe das Team zu keinem Zeitpunkt gehabt. Respekt allerdings vor Naturgewalten wie Unwetter oder Gewitter. „Wir würden nie versuchen, die Natur zu bezwingen. Da ist unsere Schmerzgrenze erreicht, dann gehen wir lieber runter.“

Der Start erfolgte am Freitagabend ab 19.30 Uhr. Das Team Germany 1 stieg unmittelbar auf circa 8000 Fuß (ca. 2500 m) und überquerte mit zeitweilig Tempo 75 erst den Zürichsee und schon nach drei Stunden den Bodensee. Der weitere Fahrtverlauf führte über München, Prag weiter in den Nordosten von Polen. Hier hofften die Warendorfer den Grenzübergang zwischen Kaliningrad und Weißrussland zu treffen um dann in die baltischen Länder einfahren zu können. Das Problem: Kaliningrad und Weißrussland sind für den Wettbewerb als Sperrzone deklariert. Hier scheiterte das Warendorfer Team.

Sieger des Wettbewerbs sind übrigens Franzosen. Ihr Ballon landete nach 1836 Kilometern in Estland.


Und ein weiter Artikel erschien in der Sächsichen Zeitung